Chronische Schmerzen - was bedeutet das eigentlich?

Chronische Schmerzen können zu einem eigenständigen Krankheitsbild führen. Wenn sich der Schmerz verselbständigt und - unabhängig von Ursachen - bleibt, wird der Begriff Schmerzgedächtnis verwendet. Dann sind nicht mehr die eigentlichen Ursachen die Erkrankung, sondern der chronische Schmerzzustand. Dieser Zustand belastet die Psyche und schränkt die Lebensqualität der betroffenen Menschen sehr stark ein. Wir sprechen von chronischen Schmerzen, wenn diese über ein halbes Jahr hinweg bestehen. Eine wichtige Schaltstelle zur Entstehung von chronischen Schmerzen ist im Rückenmark etabliert. Dort gibt es bestimmte Neuronen, die eine mitentscheidende Rolle im Prozess der Chronifizierung der Schmerzen spielen. Unter Chronifizierung versteht man den Übergang von der vorübergehenden zur dauerhaften, also chronischen Präsenz einer Erkrankung oder eines Symptoms.

Wann werden Schmerzen chronisch? Und wie häufig kommt so etwas vor?

Die meisten Schmerzen lassen sich innerhalb von einigen Tagen oder Wochen erfolgreich behandeln oder verschwinden spontan. Bei etwa 15-20% der Fälle - vor allem in den Industrieländern - halten die Schmerzen länger als gewohnt an. Sie werden chronisch, obwohl die Ursache der Schmerzen nicht mehr existiert oder eine wichtige Rolle spielt. In etwa 70% der Fälle handelt es sich um Rückenschmerzen, gefolgt von Gelenkschmerzen und Kopfschmerzen. Etwa 8 Millionen Menschen leiden unter chronische Rückenschmerzen in Deutschland.

Das sind Ursachen für chronische Schmerzen!

Wie entstehen chronische Schmerzen? Es gibt nicht nur eine Ursache für chronische Rückenschmerzen. In der Regel ist Dauerschmerz die Antwort des Körpers auf ein mehrfach gestörtes Zusammenspiel von akutem Schmerz, falschem Schonverhalten und Problemen in Beruf und Familie. Versuchen wir einmal, die Ursachen detaillierter darzustellen und sie beim Namen zu nennen: Stress, Ängste, Depression, übermäßige Belastungen, Zeitdruck, Mobbing, Bewegungsmangel oder Fehlhaltungen.

Chronische Schmerzen entstehen manchmal nach offenen Operationen an der Wirbelsäule (Postnukleotomie-Syndrom), an den Gelenken oder nach Verletzungen, bei Polyneuropathie (zum Beispiel diabetische Polyneuropathie), dem Sudeck-Syndrom, bei der Arteriellen-Verschluss-Krankheit (AVK), bei starkem Verschleiß der Wirbelsäule an mehreren Etagen sowie nach Bestrahlungen, Verletzungen oder Entzündungen. Nach Amputationen kann es zu sogenannten Phantomschmerzen kommen.

Von einem Postnukleotomie-Syndrom sprechen wir, wenn Patienten nach einer (anatomisch erfolgreichen) Bandscheibenoperation über anhaltende Schmerzen im Rücken klagen, die bis ins Bein ausstrahlen können. Etwa 10 % aller Patienten, die sich einer Bandscheibenoperation unterziehen, entwickeln im Anschluss ein Postnukleotomie-Syndrom. Im englischsprachigen Raum sprechen Mediziner vom „failed back surgery syndrome“. Grundsätzlich muss man wissen: Für die Entstehung des Postnukleotomie-Syndroms gibt es mehrere mögliche Ursachen. Hierzu zählen: starke langwierige Beeinträchtigung der Nervenwurzel durch massiven oder langjährigen Druck durch den Vorfall oder die Spinalkanalstenose schon vor der Operation, inadäquates postoperatives Verhalten und Weiterbehandlung, familiäre und psychosoziale Umstände, Entwicklung von Vernarbungen, das Vorliegen von schwerem multisegmentalen Verschleiß der Wirbelsäule oder das Vorliegen von weiteren Erkrankungen wie Diabetes, die den Heilungsprozess stören.

Das Schmerzgedächtnis entsteht, wenn Schmerzen über einen längeren Zeitraum bestehen und unbehandelt bleiben. Die Nervenbahnen, die den Schmerzimpuls durch den Körper leiten, werden dadurch ständig gereizt, mit der Folge, dass sich die Schmerzen verselbständigen.

Bei einer Polyneuropathie ist ein Teil des Nervensystems in seiner Funktion gestört. Typischerweise treten hier die Beschwerden wie chronische Schmerzen oder Missempfindungen vor allem in den Füßen, an Beinen, Händen oder Armen auf.

Achten Sie auf diese Symptome

Oft handelt es sich um Rückenschmerzen mit Ausstrahlung ins Bein, in die Arme oder den Brustkorb. Letztendlich können sie überall entstehen. Nicht selten kommt es zu Begleiterscheinungen wie Kribbeln, Taubheitsgefühl oder unangenehme Empfindungen bei Berührung. Patienten sind deutlich eingeschränkt in ihrer üblichen privaten und/oder beruflichen Tätigkeit - und das trotz ständiger Einnahme von Schmerzmitteln.

Die Diagnostik beginnt immer mit dem Arzt-Patient-Gespräch (Anamnese)

Ihr Arzt nimmt sich dafür sehr viel Zeit! Bei der Schmerz-Diagnostik ist dieses Wissen um die kleinsten Details besonders wichtig, weil sich Schmerzspezialisten darin einig sind, dass bei chronischen Rückenleiden in vielen Fällen sogenannte psychosoziale Faktoren - also Familie, Arbeit und Lebensstil - eine wichtige Rolle spielen. In einem Satz: Der Patient muss als Ganzes betrachtet werden.

Abhängig von der Art und der Dauer der Schmerzen kommen dann Röntgen, Computertomographie (CT), MRT oder Laboruntersuchungen, Szintigraphie, oder neurophysiologische Messungen zum Einsatz.

So wird Ihr Arzt Ihre chronischen Schmerzen behandeln

Wie werden chronische Schmerzen behandelt? Auf Grund der Beschwerden, des neurologischen Befundes und der MRT- Ergebnisse wird für jeden Patienten ein individuelles Therapiekonzept festgelegt. Die Behandlung beginnt zunächst mit allen möglichen konservativ-therapeutischen Maßnahmen. Liegt noch eine Ursache für die Schmerzen vor - z. B. neuer Vorfall (Rezidiv), Spinalkanalstenose, Neuroforamina-Stenose oder Instabilität - dann wird zunächst die Ursache beseitigt. Das geschieht meist mit Hilfe der Mikrochirurgie. Liegt eine massive Narbe vor, könnte sie entfernt werden. Mittels des Anti-Narben-Gels kann das Operationsgebiet infiltriert werden, um eine Neuentwicklung von Narben zu verhindern. Liegt eine Entzündung vor, dann wird sie behandelt. Mit anderen Worten: Sollte doch eine eindeutige Ursache für die Schmerzen festgestellt werden, dann wird die Ursache behandelt. In vielen Fällen finden sich jedoch keine eindeutigen anatomischen Ursachen für die Schmerzen. Manchmal ist die ursächliche Behandlung nicht möglich (schwerster Verschleiß) oder nicht sinnvoll.  

Deshalb kommen in unserer Klinik unter anderem einige minimal-invasive Verfahren zum Einsatz, wie z. B. die Rückenmarkstimulation (Schmerzschrittmacher) und die Thermo-Denervation. Liegen beispielsweise stressbedingte Beschwerden vor, empfiehlt sich eine weiterführende interdisziplinäre Behandlung.

Grundsätzlich ist zu sagen: Eine sinnvolle Therapie bei chronischen Rückenschmerzen muss individuell, d. h. auf den einzelnen Patienten und dessen Beschwerden abgestimmt sein. Ohne eine gründliche fachärztliche Untersuchung kann keine individuelle Therapie erfolgen bzw. erfolgreich sein.

Wenn Sie gesund werden wollen, geht es nicht ohne Lebensfreude

Was immer Sie tun! Im Mittelpunkt Ihres Lebens sollte nicht nur die „Bekämpfung des Schmerzes“ stehen, sondern LEBENSFREUDE! Nicht umsonst empfehlen Schmerzexperten, einen Alltag nach dem Lustprinzip zu führen! Nur dann können Sie den Teufelskreis aus Angst und Schmerzverstärkung unterbrechen! Denn mit dem Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben geht Lebensfreude verloren - was wiederum Angst und Depressionen (und neue Schmerzen) begünstigt!

Was tun? – sprach Zeus

Achten Sie darauf, Bewegung zu haben! Welche Bewegungen? Wie gesagt, die, die Ihnen Freude bereiten. Grundsätzlich empfehlenswert sind Radeln, Walking, Wassergymnastik, Schwimmen, Yoga. Körperliche Aktivitäten sind von Vorteil. Und: Verzichten Sie auf schwere körperliche Arbeit.

Vielleicht ist es auch eine gute Idee, ein paar Dinge im Tagesablauf zu verändern: Fahren Sie mit dem Rad zur Arbeit, benutzen Sie Treppen statt Fahrstuhl, essen Sie eine Portion weniger. Heißt übersetzt: Denken Sie bei Ihren Ernährungsgewohnheiten unter Umständen über eine Gewichtsreduktion nach, um einen Risikofaktor für Rückenschmerzen auszuschalten.

Wie gesagt - und das gilt für alle Varianten: SIE MÜSSEN ES MIT FREUDE TUN!

Dr. med. Munther Sabarini

Autor
Dr. med. Munther Sabarini
Facharzt für Neurochirurgie

Avicenna Klinik Berlin hilft Ihnen gern weiter

Seit dem Jahr 2001 hat die Avicenna Klinik ihren Sitz in Berlin. Unsere Ärzte haben auf ihrem jeweiligen Gebiet (Neurochirurgie, Wirbelsäulenchirurgie, Anästhesie, Orthopädie) jeder mindestens 25 Jahre internationale Erfahrung.

Falls Sie sich mit starken Rückenschmerzen, einem Bandscheibenvorfall oder dem Verdacht auf einen solchen in unserer Klinik vorstellen möchten, nutzen Sie folgenden Kontakt:

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