Neurinome der Wirbelsäule - Ursachen, Symptome und Therapie der gutartigen Tumore

Was sind spinale Neurinome und Schwannome?

Spinale Neurinome und Schwannome sind gutartige Tumore, die langsam in der Wirbelsäule wachsen. Sie entstehen aus den Hüllzellen des peripheren Nervensystems, den sogenannten Schwann-Zellen. Oftmals werden sie auch als Schwannome bezeichnet. Diese Tumore können sowohl innerhalb als auch außerhalb der Hirnhäute (Dura) auftreten.

Die Verteilung der Neurinome ist klar definiert: Etwa 70% der Tumore entwickeln sich innerhalb der Hirnhäute, während 20% außerhalb dieser Gewebsschichten wachsen. In den verbleibenden 10% der Fälle treten sie durch das Neuroforamen aus dem Wirbelkanal aus und betreffen die peripheren Nerven des Rückenmarks. Häufige Lokalisationen für Neurinome sind der Kleinhirnbrückenwinkel (Akustikusneurinom) oder die sensiblen Nervenwurzeln im Rückenmark (spinale Neurinome).

Spinale Neurinome treten besonders häufig im oberen und mittleren Abschnitt der Wirbelsäule auf, also im Hals- und Brustwirbelsäulenbereich. Bei der Neurofibromatose können multiple Neurinome auftreten. Das Besondere an diesen Tumoren ist nicht nur das Neurinom selbst, sondern auch die Tatsache, dass sie das umliegende Gewebe verdrängen und möglicherweise zerstören können. In der Regel sind Neurinome von einer Kapsel aus Bindegewebe umgeben.

Häufigkeit und Verteilung von Neurinomen

Neurinome machen etwa 30% aller primären gutartigen spinalen Tumore aus. Im Gegensatz zu Meningeomen treten Neurinome bei beiden Geschlechtern relativ gleich häufig auf. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen. Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten, jedoch treten die meisten Fälle zwischen dem 4. und 6. Lebensjahrzehnt auf.

Neurinome können in verschiedenen Bereichen der Wirbelsäule auftreten, wobei die Verteilung nicht einheitlich ist. Etwa 45% aller Schwannome befinden sich in der Brustwirbelsäule. Weitere 30% der Neurinome werden in der Halswirbelsäule identifiziert, während der Lumbosakralbereich die verbleibenden 25% ausmacht.

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Synonyme für das Neurinom

Die Synonyme für das Neurinom: Schwannom, Neurilemmom, Benigner Peripherer Nervenscheidentumor (BPNST).

Ursachen für ein Neurinom

Die genauen Ursachen für die Entstehung eines Neurinoms sind bisher nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen können. Insbesondere bei der Neurofibromatose Typ 2 (NF2), einer erblichen Erkrankung, bei der multiple Neurinome auftreten, wurden bestimmte Genmutationen identifiziert, die mit der Tumorbildung in Verbindung gebracht werden.

Darüber hinaus können auch sporadische Neurinome auftreten, bei denen keine familiäre Veranlagung besteht. Bei diesen Fällen ist die genaue Ursache oft unklar. Es wird jedoch vermutet, dass bestimmte genetische Veränderungen oder Umweltfaktoren eine Rolle spielen könnten.

Weitere Risikofaktoren, die mit der Entstehung von Neurinomen in Verbindung gebracht wurden, sind ionisierende Strahlung und chronische Entzündungen. Studien deuten darauf hin, dass Menschen, die einer hohen Strahlendosis ausgesetzt waren, ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Neurinomen haben können. Chronische Entzündungen, beispielsweise aufgrund von Infektionen oder Autoimmunerkrankungen, könnten ebenfalls eine Rolle bei der Entstehung von Neurinomen spielen, jedoch ist die genaue Beziehung noch nicht vollständig verstanden.

Die genauen Ursachen und Risikofaktoren für Neurinome sind weiterhin Gegenstand der Forschung und weitere Studien sind erforderlich, um ein besseres Verständnis dieser Wirbelsäulenerkrankung zu erlangen.

Symptome eines Neurinoms

Symptome eines Neurinoms können sich je nach Lage und Größe des Tumors unterscheiden. Obwohl das Neurinom selbst in der Regel schmerzlos ist, kann es aufgrund seiner Raumforderung verschiedene Beschwerden verursachen. Hier sind einige typische Symptome:

  • Schmerzen: Wenn das Neurinom im Wirbelsäulenkanal wächst, erhöht sich der Druck und kann Schmerzen verursachen. Die Intensität der Schmerzen kann mit der Größe des Tumors zunehmen.

  • Sensibilitätsstörungen: Durch die Kompression der Nervenwurzeln und die Verdrängung benachbarter Nerven können Sensibilitätsstörungen auftreten. Die betroffenen Bereiche können je nach Lage des Tumors variieren.

  • Chronische Rückenschmerzen: Neurinome in der Lendenwirbelsäule können zu chronischen Rückenschmerzen führen, die bis in die Beine ausstrahlen können.

  • Ausstrahlende Schmerzen: Je nach Position des Neurinoms können die Schmerzen in andere Körperregionen ausstrahlen. Bei einem Tumor in der Halswirbelsäule können beispielsweise Schmerzen in die Arme ausstrahlen, während Tumoren in der Brustwirbelsäule Schmerzen im Brustkorb verursachen können.

  • Neurologische Beeinträchtigungen: In einigen Fällen können größere Neurinome Nervenstrukturen stark komprimieren und zu neurologischen Beeinträchtigungen führen. In schweren Fällen kann ein Neurinom im Spinalkanal sogar zu Querschnittslähmungen führen.

Eine genaue Diagnosestellung durch einen medizinischen Fachmann ist erforderlich, um die spezifischen Symptome zu bewerten und eine angemessene Behandlung einzuleiten.

Die Diagnose von spinalen Neurinomen

Bei Verdacht auf ein Neurinom oder bei Veränderungen am Körper, die auf einen Tumor hinweisen könnten, ist es wichtig, sofort einen Arzt aufzusuchen. Hier sind die Schritte der Diagnosestellung:

  1. Arzt-Patient-Gespräch (Anamnese): Der Arzt wird eine ausführliche Befragung des Patienten durchführen, um Informationen über die Symptome, deren Dauer und mögliche Risikofaktoren zu erhalten.

  2. Körperliche und neurologische Untersuchung: Eine gründliche Untersuchung ermöglicht es dem Arzt, den betroffenen Bereich zu untersuchen und neurologische Tests durchzuführen, um mögliche Funktionsstörungen der Nerven zu erkennen.

  3. Bildgebende Verfahren: Je nach Situation kann der Arzt eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder eine Computertomografie (CT) anordnen. Diese Untersuchungen liefern detaillierte Bilder des betroffenen Bereichs und helfen dabei, den Tumor zu lokalisieren und seine Größe zu bestimmen. Bei Bedarf kann auch eine Kontrastmittelinjektion erfolgen, um eine bessere Darstellung des Tumors zu ermöglichen.

  4. Weitere diagnostische Maßnahmen: In einigen Fällen kann eine Gewebeentnahme (Biopsie) erforderlich sein, um das Neurinom zu bestätigen und eine genaue histologische Untersuchung durchzuführen.

Nach Abschluss der Diagnosestellung kann der Arzt die Ergebnisse bewerten und entsprechende Empfehlungen aussprechen. Dies kann die Entscheidung beinhalten, den Tumor weiterhin zu beobachten oder eine aktive Behandlung einzuleiten, abhängig von Faktoren wie Größe, Lage und Wachstumsverhalten des Neurinoms.

Therapie von spinalen Neurinomen

Die Behandlung eines Neurinoms hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Größe des Tumors, der Lokalisation, den Symptomen und dem individuellen Gesundheitszustand des Patienten. Hier sind die gängigen Behandlungsoptionen:

  1. Beobachtung (Verlaufskontrolle): Wenn das Neurinom klein ist und noch keine Beschwerden verursacht, kann der Arzt eine regelmäßige Überwachung per MRT empfehlen. In regelmäßigen Abständen wird kontrolliert, ob sich der Tumor vergrößert oder Symptome entwickeln.

  2. Mikrochirurgische Entfernung: Wenn eine Behandlung erforderlich ist, wird das Neurinom in der Regel mikrochirurgisch entfernt. Bei diesem Eingriff wird der Tumor komplett entfernt, sofern dies möglich ist. Die Mikrochirurgie ermöglicht eine präzise Entfernung des Tumors und minimiert das Risiko von Nervenschäden. In mehr als 90 Prozent der Fälle kann das Neurinom vollständig entfernt werden.

  3. Wiederholte Tumorentfernung: Falls eine vollständige Entfernung des Neurinoms nicht beim ersten Eingriff erreicht wurde, kann eine erneute Operation in Betracht gezogen werden. Der genaue Zeitpunkt und die Notwendigkeit einer erneuten Tumorentfernung werden individuell von Fall zu Fall entschieden.

  4. Strahlentherapie: In seltenen Fällen kann eine Strahlentherapie erwogen werden, insbesondere wenn eine vollständige Entfernung des Neurinoms nicht möglich ist oder bei einem Tumorrezidiv. Die Strahlentherapie zielt darauf ab, das Wachstum des Tumors zu kontrollieren und weitere Komplikationen zu verhindern. Die Entscheidung für eine Strahlentherapie wird in enger Abstimmung mit einem Strahlentherapeuten getroffen.

Die Wahl der Behandlungsmethode hängt von vielen Faktoren ab und sollte individuell mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Der Erfolg der Behandlung und die Prognose sind in der Regel gut, insbesondere wenn das Neurinom frühzeitig erkannt und behandelt wird. Eine regelmäßige Nachsorge ist wichtig, um mögliche Rückfälle oder neue Tumore frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Neurinome haben eine sehr gute Prognose

Die Prognose für Patienten mit Neurinomen ist in der Regel sehr gut. Nach erfolgreicher Therapie sind die meisten Patienten geheilt und können ihren normalen Alltag und Beruf wieder aufnehmen. Ein einmal entferntes Neurinom entwickelt sich in der Regel nicht erneut.

Nach einem chirurgischen Eingriff ist es wichtig, dass der Patient Ruhe und Schonung einhält. Übermäßige Belastungen sollten vermieden werden, um den Heilungsprozess zu unterstützen. Es ist ratsam, die regelmäßigen Untersuchungsangebote zur Vorsorge wahrzunehmen, um eventuelle Veränderungen frühzeitig zu erkennen.

Es ist besonders wichtig, bei auftretenden ungewöhnlichen Symptomen sofort einen Arzt aufzusuchen, um sie abklären zu lassen. Eine schnelle Reaktion kann dazu beitragen, mögliche Komplikationen zu verhindern und die bestmögliche Behandlung einzuleiten.

Die regelmäßige Nachsorge und Kommunikation mit dem behandelnden Arzt sind entscheidend, um den Erfolg der Therapie langfristig zu gewährleisten und eventuelle Rückfälle frühzeitig zu erkennen.

Dr. med. Munther Sabarini

Autor
Dr. med. Munther Sabarini
Facharzt für Neurochirurgie

Informationen zum Artikel

Der Artikel wurde zuletzt am 13.06.2023 geprüft und aktualisiert.

Über den Autor

Dr. med. Munther Sabarini ist Direktor und Gründer der Avicenna Klinik. Der Facharzt der Neurochirurgie hat sich insbesondere auf die Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen spezialisiert. Dr. Munther Sabarini hat mehr als 30 Jahre Berufserfahrung. In dieser Zeit behandelte er über 30.000 Patienten.

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