Steißbeinschmerzen - Ursache, Therapie, Prävention

Was sind Steißbeinschmerzen?

Steißbeinschmerzen, auch bekannt als Coccygodynie, können eine große Herausforderung darstellen und das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen. Ob durch einen Sturz auf das Gesäß, traumatische Verletzungen oder sogar durch langanhaltendes Sitzen auf harten Oberflächen - die Schmerzen im Steißbeinbereich können quälend sein und sich negativ auf die Lebensqualität auswirken.

In diesem Artikel werden wir uns mit den Ursachen, Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten von Steißbeinschmerzen beschäftigen, um Betroffenen dabei zu helfen, ihre Beschwerden besser zu verstehen und eine passende Therapie zu finden.

Was ist das Steißbein? Wo sitzt es am Rückgrat?

Das Steißbein befindet sich am Ende der Wirbelsäule und besteht aus zwei bis fünf Knochensegmenten, die normalerweise fest miteinander verbunden sind und einen dreieckigen Knochen bilden. Es fungiert als unterster Teil der Wirbelsäule und dient als Verbindungspunkt für die Muskeln, Sehnen und Bänder des Beckens. Obwohl das Steißbein im Vergleich zu anderen Wirbeln klein ist, kann es einen erheblichen Einfluss auf unser Wohlbefinden haben, da es Teil der gesamten Körperstatik ist.

Das Steißbein ist ähnlich wie das Schienbein nur von einer dünnen, empfindlichen Knochenhaut umgeben, die nur wenig Schutz bietet. Es handelt sich dabei um den rückgebildeten Teil des Schwanzskeletts in der Entwicklungsgeschichte des Menschen.

Während das Steißbein beim Gehen oder Stehen in der Regel keine Bewegung zeigt, wurde durch Röntgenaufnahmen nachgewiesen, dass es beim Sitzen eine Beweglichkeit von bis zu 20 Grad nach vorne und hinten aufweisen kann. Verletzungen des Steißbeins sind nicht nur schmerzhaft, sondern auch langwierig. Selbst Jahre nach einem Sturz erinnert man sich noch genau daran, wo man sich befand, als der stechende, ziehende und quälende Schmerz den gesamten Körper durchzog.

Typisches Symptom - ein stechender, brennender Schmerz im Steißbeinbereich

Bei Schmerzen am Steißbein gibt es typische Symptome, die auf das Problem hinweisen können:

  • Hauptsymptom: Ein stechender, brennender Schmerz im Steißbeinbereich.
  • Schmerzausstrahlung: Die Schmerzen können sich in angrenzende Regionen wie Hüfte, Lendenwirbelsäule und Analbereich ausbreiten.
  • Schwierigkeiten beim Sitzen: Betroffene können oft nicht lange auf harten Oberflächen sitzen und leiden selbst bei kurzem Sitzen. Beim längeren Sitzen können sie sich verstärken, aber auch erst beim Aufstehen auftreten.
  • Auslöser durch Entzündungen: Oft treten die Beschwerden nach einer Entzündung der Knochenhaut (Periost) auf, die im Bereich zwischen Steißbein und Anus auftritt.
  • Nervenschmerzen: Attackenförmige Nervenschmerzen können auftreten, wenn das Nervengeflecht im Gewebe am unteren Kreuzbein und Steißbein betroffen ist.

Es ist wichtig, auf diese Symptome zu achten, da unbehandelte Steißbeinschmerzen chronisch werden können. Wenn Sie unter Coccygodynie leiden, empfiehlt es sich, einen Facharzt aufzusuchen, um eine geeignete Behandlung zu erhalten.

Bei Steißbeinschmerzen sind Frauen häufiger betroffen als Männer

Bei Steißbeinschmerzen sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Dies liegt zum Teil daran, dass das Steißbein durch Schwangerschaft und insbesondere durch die Entbindung einer starken Belastung ausgesetzt ist. Das Steißbein befindet sich direkt hinter der Gebärmutter, und während das Baby wächst, kann es auf das Steißbein drücken und Beschwerden verursachen.

Dr. Munther Sabarini

Dr. Munther Sabarini zu Steißbeinschmerzen

Die Coccygodynie wird als Krankheitsbild oft nicht ernst genommen. Selbst dann nicht, wenn Betroffene über Schmerzen - meist traumatisch ausgelöste komplexe Beschwerden - und Beeinträchtigungen im Alltag klagen. Die Patienten, die in unsere internationale Wirbelsäulenklinik in Berlin kommen, haben oft eine jahrelange Odyssee hinter sich. Sie laufen von Arzt zu Arzt, ohne dass sie wirkliche Hilfe oder eine genaue Diagnose bekommen. Das liegt daran, dass die Ursachenforschung tatsächlich nicht so einfach ist, wie man es sich als Patient - und auch als Arzt - wünscht.“

Ursachen für Schmerzen am Steißbein

Hier müssen wir unterscheiden zwischen Schmerzen im Steißbein durch eine Entzündung oder Prellung und einem Bruch des Steißbeins.

Der häufigste Grund für Schmerzen im Steißbein ist zu langes Sitzen. Tatsächlich verbringt ein Büroarbeiter im Laufe seines Berufslebens etwa 80.000 Stunden in sitzender Position. Die Inaktivität des eigentlich bewegungsaktiven Menschen summiert sich in den westlichen Ländern oft auf 10 bis 14 Stunden täglich. Auch 14 Millionen Schüler und Studenten werden überwiegend sitzend unterrichtet, und der Durchschnittsdeutsche sitzt etwa 9,6 Stunden pro Tag. Diese langen Stunden des Sitzens führen nicht nur zur Verkrümmung der Haltungsmuskulatur und Rückenschmerzen, sondern begünstigen auch Gefäßerkrankungen wie beispielsweise die Steißbeinfistel.

Es ist wichtig anzumerken, dass eine Steißbeinprellung weitaus häufiger auftritt als ein Bruch des Steißbeins. Diese Art von Schmerzen am Steißbein sind in der Regel Folgen von Stürzen auf das Gesäß, zum Beispiel bei Sportunfällen. Von Prellungen bis zum Bruch des Steißbeins kann in dieser Region viel passieren. Auch eine gewisse Ermüdung oder dauerhafte einseitige Belastung kann dazu führen, dass das Ende der Wirbelsäule bricht. Bei einer geschwächten Knochensubstanz, wie es bei Osteoporose der Fall sein kann, sind ebenfalls Steißbeinbrüche möglich.

Die häufigsten Ursachen für Steißbeinschmerzen (Coccygodynie) sind vielfältig und können sein:

  • Prellungen oder Brüche: Sie verursachen starke Schmerzen, die vor allem beim Sitzen, Treppensteigen, Stuhlgang und sogar beim Geschlechtsverkehr spürbar sind.
  • Irritationen im Bereich der Muskelansätze bzw. Sehnen am Knochen (Tendopathien).
  • Angeborene Steißbeinanomalien.
  • Langes Sitzen auf weicheren Unterlagen wie Sofas, was umgangssprachlich als "Fernsehhintern" bezeichnet wird.
  • Tumore, insbesondere Chordome, die im gesamten Wirbelsäulenbereich auftreten können. Sie treten überwiegend bei Menschen über 60 Jahren auf, können aber in seltenen Fällen auch bei Kindern auftreten.
  • Weitere mögliche Ursachen umfassen Knochenhautentzündungen, Steißbeinverrenkungen, Steißbeinfisteln, Fehlstellungen des Steißbeins, Verletzungen im Beckenbereich, Lumbalgien (z. B. Hexenschuss), Bandscheibenvorfälle, chirurgische Eingriffe, Nervenreizungen und gynäkologische Probleme wie Endometriose.

Es ist wichtig, die spezifischen Ursachen für Steißbeinschmerzen individuell zu diagnostizieren, um eine geeignete Behandlung einzuleiten.

Diagnose Steißbeinschmerzen

Bevor der Arzt mit der Therapie beginnen kann, ist eine aussagekräftige Diagnostik notwendig. Dabei kommen verschiedene Methoden zum Einsatz:

  • Anamnesegespräch: Der Arzt ermittelt die biografischen Eckpunkte und der Patient schildert detailliert seinen Schmerz- und Krankheitsverlauf.
  • Körperliche Untersuchung: Der Arzt prüft, ob der Druck auf das Steißbein schmerzhaft ist. Eine schmerzhafte Reaktion deutet in der Regel auf eine Coccygodynie hin. Eine allgemeine Untersuchung des Körpers wird zusätzlich durchgeführt, einschließlich der Wirbelsäule.
  • Bildgebende Verfahren: Hierzu zählen das Röntgen des Steißbeins, die Computertomographie (CT) und die Kernspintomographie (MRT). Es ist zu beachten, dass diese Verfahren oft keine sichtbaren Veränderungen im Steißbein zeigen, dennoch werden sie durchgeführt, um eine lokale Entzündung oder einen Tumor auszuschließen. Eine MRT ist besonders aussagekräftig, da sie knöcherne Verletzungen, Frakturen und Verletzungen der umgebenden Weichgewebe besser darstellen kann.
  • Kontrastmitteluntersuchung: Wenn ein Verdacht auf eine Entzündung oder einen Tumor besteht, kann der Arzt eine bildgebende Untersuchung mit Kontrastmittel anordnen, um den betroffenen Bereich genauer zu untersuchen.
  • Untersuchung von innen: Über den Enddarm kann der Arzt das Steißbein ertasten, die Beweglichkeit überprüfen und mögliche Spannungen im Becken oder Veränderungen der inneren Organe feststellen. Wenn das Abtasten des Steißbeins beim Patienten Schmerzen auslöst, bestätigt sich der Verdacht auf Steißbeinschmerzen.

Die Kombination dieser diagnostischen Maßnahmen ermöglicht es dem Arzt, eine fundierte Diagnose zu stellen und die geeignete Behandlung einzuleiten.

Zu den Therapien gehören Physiotherapie und Schmerzmittel

Bei der Behandlung von Steißbeinschmerzen stehen verschiedene Therapieansätze zur Verfügung:

Konservative Therapien:

  • Medikamentöse Schmerztherapie: Schmerzmittel können eingesetzt werden, um die Schmerzen zu lindern.
  • Lokale Spritzen: In einigen Fällen können entzündungshemmende Medikamente oder Lokalanästhetika direkt in den Bereich des Steißbeins injiziert werden, um eine schmerzlindernde Wirkung zu erzielen.
  • Krankengymnastik/Physiotherapie: Gezielte Übungen und physiotherapeutische Maßnahmen können helfen, die Muskulatur zu stärken, die Haltung zu verbessern und Schmerzen zu reduzieren.
  • Sitzring: Die Verwendung eines speziellen Sitzrings kann den Druck auf das Steißbein beim Sitzen verringern.

Infiltrationen und Denervierung:

  • Infiltrationen: Lokale Injektionen von entzündungshemmenden Medikamenten oder Lokalanästhetika in den Bereich zwischen dem Kreuzbein und dem Steißbein können eine symptomatische Linderung bieten.
  • Denervierung: Bei der Denervierung werden spezielle Nadeln und ein Laser verwendet, um die gereizten Nervenfasern zu behandeln und zu beruhigen.

Operative Maßnahmen:

  • Steißbeinentfernung (Steißbein-OP): In seltenen Fällen kann eine operative Entfernung des Steißbeins in Betracht gezogen werden, wenn die Schmerzen chronisch und therapeutisch nicht anders zu lindern sind.

Die Wahl der geeigneten Therapie hängt von der Ursache der Steißbeinschmerzen, der Schwere der Beschwerden und den individuellen Bedürfnissen des Patienten ab. Ein ausführliches Gespräch mit einem Facharzt und eine gründliche Diagnose sind entscheidend, um die bestmögliche Behandlungsstrategie festzulegen.

Prognose und Prävention - Sie müssen ein rückengerechtes Verhalten lernen

Die Prognose und Prävention von Steißbeinschmerzen spielen eine wichtige Rolle, um langfristige Beschwerden zu vermeiden: Nach einer Behandlung oder Operation am Steißbein ist es entscheidend, dass Sie als Patient ein rückengerechtes Verhalten in Ihrem Alltag und in der Freizeit erlernen. Besonders beim Sitzen sollten Sie darauf achten, Ihre Muskulatur zu stärken und das Steißbein zu schonen. Mehr Bewegung im Tagesablauf kann dabei helfen, wie beispielsweise das Fahrradfahren zur Arbeit, das Gehen kleinerer Wege im Büro oder ein Spaziergang in der Mittagspause.

Prävention von Steißbeinschmerzen

Um Steißbeinschmerzen vorzubeugen, gibt es einige Tipps:

  1. Ergonomischer Bürostuhl oder Hocker: Der Austausch des herkömmlichen Bürostuhls gegen einen ergonomischen Bürostuhl oder einen ergonomischen Hocker kann dabei helfen, eine bessere Sitzposition einzunehmen und das Steißbein zu entlasten.

  2. Steißbeinkissen: Ein Steißbeinkissen kann dazu beitragen, dass das Steißbein nahezu druckfrei liegt und dadurch eine Linderung der Beschwerden bewirken.

  3. Aktive Pausen und regelmäßige Bewegung: Verlassen Sie den Teufelskreis des langen Sitzens. Versuchen Sie, nach der 40-15-5 Regel zu leben, das bedeutet 40 Minuten sitzen, 15 Minuten im Stehen arbeiten und 5 Minuten herumlaufen. Integrieren Sie auch gymnastische Übungen in Ihren Alltag, um die Rückenmuskulatur und den Beckenboden zu stärken und gleichzeitig das Steißbein zu entlasten.

Eine konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen kann helfen, Steißbeinschmerzen vorzubeugen und die Rückengesundheit zu verbessern. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass rückengerechtes Verhalten und eine aktive Lebensweise langfristige Vorteile für die Steißbeingesundheit mit sich bringen können.

Woher können Steißbeinschmerzen kommen?

Eine Kokzygodynie (Schmerzen am Steißbein) entstehen oft durch Stürze auf das Gesäß, beispielsweise beim Sport oder im Alltag. Die zweite, wenn auch seltene, Ursache für Steißbeinschmerzen ist einseitige Belastung und eine daraus resultierende Ermüdung des Steißbeins.

Welche Symptome bei Steißbeinschmerzen?

Symptome von Steißbeinschmerzen äußern sich insbesondere im Sitzen, Aufstehen oder Treppensteigen. Selbst auf weichen, angenehmen Untergründen können Patienten mit Kokzygodynie oftmals nicht ohne erhebliche Schmerzen sitzen. Auch beim Stuhlgang oder dem Geschlechtsverkehr können Schmerzen am Steißbein zu starken Einschränkungen führen.

Kann sich das Steißbein entzünden?

Wenn von einer Entzündung des Steißbeins gesprochen wird, dann ist damit eigentlich eine Entzündung der Knochenhaut am Steißbein gemeint. Durch eine Überbelastung oder insbesondere einer mechanischen Beeinträchtigung kann es zu Reizungen der Knochenhaut kommen, die dann Schmerzen bereitet.

Dr. med. Munther Sabarini

Autor
Dr. med. Munther Sabarini
Facharzt für Neurochirurgie

Informationen zum Artikel

Der Artikel wurde zuletzt am 06.08.2023 geprüft und aktualisiert.

Über den Autor

Dr. med. Munther Sabarini ist Direktor und Gründer der Avicenna Klinik. Der Facharzt der Neurochirurgie hat sich insbesondere auf die Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen spezialisiert. Dr. Munther Sabarini hat mehr als 30 Jahre Berufserfahrung. In dieser Zeit behandelte er über 30.000 Patienten.

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Quellenangaben und weiterführende Literatur

  • H. Mlitz, W. Jost: Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie – Kokzygodynie. AWMF-Leitlinien-Register, Nr. 81/005, 2002.

  • L.S. Lirett et al.: Coccydynia: An Overview of the Anatomy, Etiology, and Treatment of Coccyx Pain. The Ochsner Journal, Nr. 14, S. 84-87, 2014.

  • P. Pennekamp, C. Kraft, T. /Wallny: Die Steißbeinresektion in der Behandlung der Kokzygodynie. Zeitschrift für Orthopädie und Unfallchirurgie 141, S. 578–582, 2003.

  • Karla Schildt-Rudloff & Gabriele Harke. Wirbelsäule: Manuelle Untersuchung und Mobilisationsbehandlung für Ärzte und Physiotherapeuten. Urban & Fischer Verlag. 7. Auflage, München 2021.

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