Schmerzschrittmacher: Was ist die epidurale Rückenmarkstimulation?
Chronische Rückenschmerzen können selbst nach modernen Behandlungsansätzen hartnäckig bleiben. In solchen Fällen kann ein Schmerzschrittmacher langanhaltende Erleichterung bieten. Das Grundprinzip dahinter ist die epidurale Rückenmarkstimulation, eine minimalinvasive Methode, die seit über drei Jahrzehnten erfolgreich in der Schmerztherapie angewendet wird. Jedes Jahr erhalten circa 1.500 Patient:innen in Deutschland diese Form der Behandlung.
Wie funktioniert die epidurale Rückenmarkstimulation?
Die epidurale Rückenmarkstimulation – oft als spinal cord stimulation (SCS) bezeichnet – ist die gängigste Form der Neurostimulation. Dabei werden Elektroden in den Epiduralraum eingebracht, durch die sanfte elektrische Impulse fließen. Diese Elektroden sind mit einem Neurostimulator oder Neuromodulator verbunden, der unter die Haut implantiert wird. Die Stimulation erfolgt in den hinteren Bereichen des Rückenmarks und erzeugt ein angenehmes Kribbeln anstelle der vorherigen Schmerzen.
Wichtig ist, dass bei dieser Therapie die Nerven nicht geschädigt werden. Zusätzlich kann die betroffene Person den Schmerzschrittmacher mit einer einfachen Handbewegung ein- und ausschalten. Die Intensität der Stimulation ist, je nach Bedarf, individuell regulierbar.
Chronische Schmerzen führen oft zu Depressionen und können die Fähigkeit zur konzentrierten Arbeit beeinträchtigen. Die SCS bietet langanhaltende Schmerzlinderung und verbessert die Lebensqualität der Patienten.
Vorteile und Nachteile einer epiduralen Rückenmarkstimulation mittels Schmerzschrittmachers
Vorteile
- Effektive Schmerzlinderung: Die epidurale Rückenmarkstimulation kann eine erhebliche Reduzierung oder Linderung von chronischen Rückenschmerzen bewirken.
- Minimalinvasives Verfahren: Die Implantation der Elektroden und des Neurostimulators erfolgt minimalinvasiv, was zu geringeren chirurgischen Risiken und einer schnelleren Genesung führt.
- Keine dauerhaften Schäden: Die Stimulation beeinträchtigt die Nerven nicht dauerhaft, und das Verfahren ist umkehrbar.
- Individuelle Anpassung: Die Intensität der Stimulation kann von der betroffenen Person selbstständig reguliert werden, um den Schmerz am besten zu kontrollieren.
- Vermeidung von Medikamenten: Ein Schmerzschrittmacher kann die Notwendigkeit von schmerzlindernden Medikamenten reduzieren, was wiederum deren Nebenwirkungen minimiert.
- Verbesserung der Lebensqualität: Die Schmerzlinderung ermöglicht eine bessere Mobilität, Schlafqualität und emotionale Gesundheit.
Nachteile
- Operativer Eingriff: Die Implantation des Neurostimulators erfordert einen chirurgischen Eingriff, der mit allgemeinen Operationsrisiken verbunden ist.
- Nicht für alle geeignet: Nicht für alle Patient:innen mit chronischen Rückenschmerzen kommt die epidurale Rückenmarkstimulation infrage. Die Ergebnisse können ebenfalls variieren.
- Kosten: Die Implantation und Wartung des Schmerzschrittmachers bringt Kosten mit sich, die nicht immer vollständig durch die Krankenversicherung abgedeckt werden.
- Technische Probleme und Gewöhnungseffekte: Es besteht die Möglichkeit von technischen Problemen oder Gewöhnungseffekten, die eine erneute Operation oder Wartung erfordern könnten.
Wann wird die Rückenmarkstimulation mit Neurostimulator empfohlen?
Die epidurale Rückenmarkstimulation mit Neurostimulator wird bei einer Vielzahl von schmerzhaften Erkrankungen eingesetzt, insbesondere wenn andere konservative Behandlungsmethoden nicht mehr ausreichend wirken. Diese Methode bietet eine vielversprechende Option für Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen, insbesondere in den folgenden Situationen:
- Post-Nukleotomie-Syndrom: Bei ausstrahlenden Schmerzen, die als Folge narbiger Veränderungen nach einer Bandscheibenoperation auftreten.
- Komplexes Regionales Schmerzsyndrom (CRPS) / Morbus Sudeck: Eine schmerzhafte Erkrankung, die oft nach Verletzungen oder Operationen auftritt und starke, anhaltende Schmerzen verursacht.
- Periphere Verschluss-Krankheit (pAVK): Diese Erkrankung führt zu Nervenschmerzen aufgrund von Durchblutungsstörungen in den Beinen.
- Diabetische Polyneuropathie: Eine schmerzhafte Nervenstörung, die bei Diabetes auftreten kann.
- Phantomschmerzen: Schmerzen, die nach Amputationen auftreten, können durch die Stimulation gelindert werden.
- Angina Pectoris: Wenn herkömmliche kardiologische Therapien für Schmerzen im Brust- und Armgebiet aufgrund von Herzdurchblutungsstörungen nicht mehr ausreichend sind.
- Migräne und postzosterische Neuralgie: Patient:innen mit Migräne oder starken Schmerzen nach Gürtelroseninfektionen können von einer Rückenmarkstimulation profitieren.
- Nervenbeteiligung nach Unfällen und Operationen: Bei Nervenschäden an Armen oder Beinen infolge von Unfällen oder chirurgischen Eingriffen kann die Stimulation zur Schmerzlinderung beitragen.
Insbesondere wenn andere Therapien nicht den gewünschten Effekt erzielen, kann diese Methode die Lebensqualität deutlich verbessern.

Individuelle Eignung für den Neurosimulator und Auswahlverfahren
Die Entscheidung für eine epidurale Rückenmarkstimulation mit Neurostimulator basiert auf einer sorgfältigen Beurteilung Ihrer individuellen Situation. Dr. Munther Sabarini, Ihr behandelnder Arzt in der Avicenna Klinik, wird eine umfassende neurologisch-orthopädische Untersuchung durchführen, um festzustellen, ob diese Methode für Sie geeignet ist. Dabei spielen Ihre medizinische Vorgeschichte, vorherige Behandlungen und spezifische Schmerzprofile eine entscheidende Rolle. Bildgebende Untersuchungen wie MRT oder CT können weitere Einblicke liefern, um die genaue Ursache Ihrer Schmerzen zu ermitteln.
Mit diesem Auswahlverfahren stellen wir sicher, dass die epidurale Rückenmarkstimulation die bestmögliche Lösung für Ihre Schmerzmanagement-Bedürfnisse darstellt. Ihr Arzt wird die potenziellen Vorteile der Behandlung abwägen und die Erfolgsaussichten basierend auf Ihrer individuellen Situation bewerten. Diese umfassende Einschätzung ermöglicht es, die Wirksamkeit der Stimulation im Vorfeld besser einzuschätzen und sichergehen, dass Sie mit dem Schmerzschrittmacher die bestmögliche Behandlungsoption erhalten.
Ablauf der epiduralen Rückenmarkstimulation: von der Untersuchung bis zur Operation
Der Weg zur epiduralen Rückenmarkstimulation ist sorgfältig strukturiert und erfolgt in mehreren Phasen. Der Prozess läuft in der Regel folgendermaßen ab:
1. Erste Untersuchung und Anamnese:
- Eine gründliche neurologisch-orthopädische Untersuchung und ausführliche Anamnese werden durchgeführt, um die genauen Ursachen der Schmerzen zu ermitteln.
- Bildgebende Verfahren wie MRT oder CT der Wirbelsäule können eingesetzt werden, um weitere Informationen zu erhalten.
2. Empfehlung und Planung:
- Nach einer eingehenden Bewertung wird entschieden, ob die epidurale Rückenmarkstimulation eine sinnvolle Option ist.
- Die Behandlungsmöglichkeiten werden mit der betroffenen Person besprochen und die Methode empfohlen, wenn sie geeignet erscheint.
3. Teststimulation:
- Eine vorläufige Teststimulation wird durchgeführt, um die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Methode zu überprüfen.
- Kleine Elektroden werden in örtlicher Betäubung im Bereich der mittleren Brustwirbelsäule platziert.
- Ein externer Test-Neurostimulator wird verbunden, um die Schmerzlinderung über einen Zeitraum von zwei bis zehn Tagen zu testen.
- Die betroffene Person testet in ihrem Alltag, um festzustellen, ob eine signifikante Schmerzreduktion erreicht wird.
4. Entscheidung für die Implantation:
- Bei einer Schmerzreduktion von mindestens 50 Prozent und reduzierter Medikamenteneinnahme wird die Methode zur dauerhaften Implantation empfohlen.
- Wenn keine spürbare Verbesserung während der Testphase auftritt, werden die Elektroden wieder entfernt.
5. Schmerzschrittmacher-Implantation:
- Der Impulsgenerator – vergleichbar mit einem Herzschrittmacher – wird unter Vollnarkose unter die Bauchhaut implantiert.
- Der Generator wird mit den zuvor platzierten Elektroden verbunden und auf die effektivste Stufe eingestellt.
6. Postoperative Phase:
- In den ersten Tagen nach der Operation wird Ruhe empfohlen, um eventuelle Nebenwirkungen zu überwachen und die Einstellungen zu optimieren.
- Die Betreuung erfolgt in der Klinik, um die Stimulationsparameter feinzujustieren und den Heilungsprozess zu überwachen.
7. Schulung und Integration:
- Bereits am Tag nach der Implantation dürfen Sie aufstehen und gehen.
- In den nächsten Tagen erfolgen die Einstellung der Stimulationsparameter und eine Schulung in der Nutzung der Fernbedienung.
- Nach der OP zur epiduralen Rückenmarkstimulation werden erste Erfahrungen mit dem Neurostimulator in der Klinik gesammelt, während Fachpersonal bei Fragen unterstützt.
Von der Untersuchung bis zur Implantation arbeitet ein Team von Fachleuten daran, die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen und Ihre Lebensqualität nachhaltig zu verbessern.


Überlegungen zur epiduralen Rückenmarkstimulation
Bei der epiduralen Rückenmarkstimulation sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen, die sowohl den Erfolg der Therapie als auch Ihre Genesung beeinflussen:
Zeitliche Relevanz für den Erfolg
Die zeitliche Abfolge spielt eine entscheidende Rolle für die Effektivität der Schmerztherapie. Frühzeitiges Handeln erhöht die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung erheblich. Studien zeigen, dass Patient:innen, die sich innerhalb von zwei Jahren nach Schmerzbeginn für eine Behandlung mit Neurostimulator entscheiden, eine Erfolgsquote von 85 Prozent aufweisen. Hingegen reduziert sich der Erfolg bei Schmerzerkrankungen, die bereits über 15 Jahre anhalten, auf neun Prozent. Im Durchschnitt profitieren jedoch mehr als 50 Prozent der Betroffenen von dem Neurostimulator.
Schnelle Erholung und weniger Medikamente
Ein bedeutender Vorteil der minimalinvasiven Methode ist die zügige Genesung nach dem Eingriff. Zudem ermöglicht die Reduzierung der Schmerzmedikation die Vermeidung unerwünschter Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel und Verdauungsstörungen. Sie haben außerdem die Kontrolle über die Intensität der Stimulation, was Ihnen in der Klinik die Möglichkeit gibt, diese individuell anzupassen.
Implantat-Ausweis und Magnetfelder
Das Tragen eines Implantat-Ausweises ist wichtig, um bei Situationen mit Magnetfeldern, wie beispielsweise an Flughäfen, eine reibungslose Passage zu gewährleisten.
Fachärztlicher Rat und angemessene Mobilität
Die ärztlichen Anweisungen nach der Implantation des Schmerzschrittmachers sind von großer Bedeutung. Insbesondere ist es ratsam, auf eine angemessene Mobilität zu achten, um eine Verschiebung der Elektroden zu verhindern. Ein zu schnelles oder übermäßiges Bewegen könnte die Wirksamkeit der Therapie beeinträchtigen.
Alternativen zum Neurostimulator
Wenn der Neurostimulator keine geeignete Option für Ihre Schmerztherapie ist, gibt es verschiedene alternative Ansätze, die dafür in Betracht gezogen werden können:
- Konservative Schmerztherapie: Dies umfasst nicht-operative Ansätze wie Physiotherapie, Medikamente, Injektionen und andere nicht-invasive Methoden zur Schmerzlinderung.
- Medikamentöse Therapie: Verschiedene Schmerzmedikamente, darunter nichtsteroidale Antirheumatika (NSAIDs), Opioide und Antidepressiva, können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
- Physiotherapie und Rehabilitation: Gezielte Übungen, Physiotherapie und rehabilitative Maßnahmen können helfen, die Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit zu verbessern.
- Interventionelle Schmerztherapie: Hierzu gehören Techniken wie Injektionen von Lokalanästhetika und Steroiden direkt an die betroffene Stelle, um Schmerzen zu lindern.
- Chirurgische Eingriffe: Je nach Art und Ursache Ihrer Rückenschmerzen können chirurgische Eingriffe wie Bandscheibenoperationen oder Wirbelsäulenfusionen in Erwägung gezogen werden.
- Alternative Therapien: Akupunktur, Chiropraktik, Osteopathie und andere alternative Therapien können bei einigen Patient:innen zur Schmerzlinderung beitragen.
Informationen zum Artikel
Der Artikel wurde zuletzt am 13.08.2024 geprüft und aktualisiert.
Über den Autor
Dr. med. Munther Sabarini ist Direktor und Gründer der Avicenna Klinik. Der Facharzt der Neurochirurgie hat sich insbesondere auf die Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen spezialisiert. In über 30 Jahren Berufserfahrung hat er mehr als 30.000 Patientinnen und Patienten behandelt.
Qualitätsrichtlinien für Inhalte der Avicenna Klinik
Alle Texte und Inhalte werden von medizinisch ausgebildeten, erfahrenen Experten auf diesem Fachgebiet verfasst. Erfahren Sie mehr über unsere Qualitätsrichtlinien für Inhalte
Quellenangaben und weiterführende Literatur
Die epidurale Rückenmarkstimulation (SCS) zur Therapie peripherer arterieller Durchblutungsstörungen: Ergebnis einer Konsensus-Konferenz. (2010). Deutschland: Springer Medizin.
Worel, F. (2022). Epidurale Rückenmarkstimulation bei chronischen Schmerzsyndromen: Evaluation eines Patientenkollektivs von 2008-2019 im Langzeitverlauf. Deutschland: Zentrale Hochschulbibliothek Lübeck.
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Schmerztherapie mit Neurostimulator und Co. in Avicenna Klinik Berlin
Seit dem Jahr 2001 hat die Avicenna Klinik ihren Sitz in Berlin. Unsere Ärzte haben auf ihrem jeweiligen Gebiet (Neurochirurgie, Wirbelsäulenchirurgie, Anästhesie, Orthopädie) jeweils mindestens 25 Jahre internationale berufliche Erfahrung.
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