Was ist ein Wirbelkörperersatz?
Sie befinden sich auf der Sonnenseite des Lebens, wenn Sie gesund sind, wenn Ihre Wirbelsäule reibungslos und wie geschmiert funktioniert: Wenn die Wirbelsäule bei Ihnen keine Rückenschmerzen verursacht und Ihre Lebensqualität damit unverändert gut ist. Die Wirbelsäule ist ein ganz besonderer Teil unseres Körpers. Die Wirbelkörper, die durch straffe Bänder verbunden sind, ermöglicht uns den aufrechten Gang. Außerdem ist die Wirbelsäule flexibel: Sie kann sich biegen und strecken, sie kann sich beugen und sie trägt eine schwere Bürde – unseren Kopf. Eine unglaublich statische Aufgabe, die sie idealerweise ein Leben lang erfüllt. Insgesamt besteht die Wirbelsäule aus 57 Einzelteilen, 24 beweglichen Wirbeln, aus Kreuzbein und Steißbein – diese sind zusammengewachsen und deshalb unbeweglich – und 23 Bandscheiben. Die Bandscheiben sind zwischen den Wirbelkörpern etabliert und dienen damit als Stoßdämpfer in der Wirbelsäule. Wenn von Erkrankungen der Wirbelsäule gesprochen wird, dann fällt oft der Begriff der Bandscheibe, beispielweise in Zusammenhang mit einem Bandscheibenvorfall, einer Bandscheibenvorwölbung (Protrusion) oder einer Bandscheibenabnutzung (Degeneration). Doch ein anderer Knackpunkt können die Wirbel und Wirbelkörper sein.
Wenn nun ein Wirbelkörperersatz notwendig wird, entfernen wir dafür zunächst einen oder mehrere Wirbel und ersetzen diese mit künstlichen Wirbelkörpern aus Titan. Ziel eines solchen Wirbelkörperimplantats ist die Stabilisierung und Wiederherstellung des ursprünglichen Profils nach der Entfernung des betroffenen Segments.
Erfolgt so ein Eingriff nicht, kann es zur Zerstörung der Wirbelkörper mit anschließender Instabilität der Wirbelsäule kommen. Ihre Beweglichkeit wird stark eingeschränkt und sie leiden an Rückenschmerzen sowie Fehlstellungen. Der Wirbelkörperersatz macht es uns möglich, einen vollständigen Austausch eines Wirbelkörpers vorzunehmen. So können wir, beispielsweise um den Spinalkanal nach einem Bruch zu entlasten, einen kompletten Wirbelkörper entfernen und ihn durch ein Titanimplantat ersetzen.

Behandlungsdetails zum Wirbelkörperersatz
Behandlungsdauer: zwei bis drei Stunden
Klinikaufenthalt: zwölf bis 18 Tage
Wann ist ein Wirbelsäulenimplantat notwendig?
Welche Ursachen, außer Unfällen, können zur Folge haben, dass wir ernsthaft über ein Wirbelsäulenimplantat nachdenken müssen und dass ein Ersatz sogar alternativlos ist? In welchen Fällen muss über einen künstlichen Wirbelkörper für die Wirbelsäule nachgedacht werden?
Spinale Tumore als Ursache für Wirbelschäden
Ein Tumor an der Wirbelsäule kann beispielsweise der Auslöser dafür sein. Spinale Tumore sind jene Tumore, die im Bereich des Wirbelkanals wachsen. Solche Tumore können den Wirbel befallen und zerstören. Dadurch kommt es zum einen zu einer Instabilität der Wirbelsäule und zum anderen zu erheblichen Schmerzen. Tumore können die Funktionen des Rückenmarks beeinträchtigen und neurologische Ausfälle durch eine Blockade von Nerven verursachen. Wenn die Tumore in diesem Fall nicht behandelt werden, führen sie zu bleibenden Schädigungen des Rückenmarks. In einem Worst-Case-Szenario ist dann eine Querschnittlähmung die Folge. Mit circa 50 Prozent finden wir die meisten spinalen Tumore im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS), die restlichen Tumore entwickeln sich im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und Lendenwirbelsäule (LWS). Wann immer Sie Schmerzen in diesen Arealen spüren, sollten Sie Ihren Facharzt Dr. Sabarini aufsuchen. Allergrößte Eile ist geboten, wenn sich bereits Gefühlsstörungen bemerkbar machen.
Entzündungen und Spondylitis als Auslöser für Schäden der Wirbelkörper
Infektionen und Entzündungen an der Wirbelsäule (Spondylitis), können ebenfalls Auslöser für eine Wirbelkörperersatz-Operation sein. Eine Spondylitis ist nicht sonderlich weit verbreitet, aber Sie sollten in jedem Fall wachsam sein, wenn Sie in der Region der Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule oder Lendenwirbelsäule Schmerzen verspüren, die in den Hals, in die Arme und die Beine ausstrahlen. Als Alarmsignal gelten auch erhöhte Temperaturen und Nachtschweiß. Der Wirbel ist dann instabil und bricht oft zusammen.
Wirbelsäulenimplantat aufgrund von Osteoporose und Wirbelbrüchen
Osteoporose ist die Krankheit, von der überwiegend ältere Menschen betroffen sind – insbesondere Frauen, weil bei ihnen der Abbau von Knochenmasse früher beginnt als bei Männern. Wir wissen, dass die Dichte der Knochen mit zunehmendem Alter grundsätzlich abnimmt. Für die Bestimmung der Knochendichte gibt es ganz besondere Werte. Wenn diese unterschritten sind, sprechen wir von einer Osteoporose. Wenn die Knochen nicht mehr so fest sind, kann es leicht zu sogenannten Osteoporose-Brüchen kommen. In allerletzter Therapiekonsequenz kann dann ein künstlicher Wirbelkörper der Wirbelsäule die gewünschte Stabilität verschaffen.
Wirbelbrüche unterschiedlicher Ursachen sind prinzipiell die häufigste Indikation für einen Wirbelkörperersatz. Wie erwähnt, können Wirbelbrüche bei Wirbeltumoren, bei Wirbelentzündungen und bei Osteoporose vorkommen.
Künstliche Wirbelkörper aufgrund von Verschleiß der Wirbelsäule
Manchmal ist der Wirbelkörper stark durch Verschleiß in Mitleidenschaft gezogen. Wir sprechen dabei von einer sogenannten Spondylose. Spondylosis ist ein Sammelbegriff für degenerative Veränderungen an Wirbelkörpern. Nicht immer geht die Spondylose mit Rückenschmerzen einher. Wenn Sie allerdings Schmerzen haben, sind sie meist sehr heftig und treten an der ganzen Wirbelsäule auf. Vor allem der Nacken und der Rückenbereich sind auf der Schmerzskala am stärksten betroffen. Auch hier gilt: Wann immer Sie erste Anzeichen spüren, wenden Sie sich an die Avicenna Klinik. Je früher wir eingreifen und therapieren können, desto minimaler sind die Folgen. Gegebenenfalls kommt dann die Implantation eines künstlichen Wirbelkörpers für Ihre Wirbelsäule infrage.
OP-Verlauf beim Wirbelkörperersatz
Die Wirbelkörperersatz-Operation gilt als große Operation. Immerhin werden bei diesem Verfahren defekte Wirbelkörper gegen Wirbelsäulenimplantate ausgetauscht. Der Eingriff dauert zwischen zwei bis vier Stunden. Der OP-Verlauf unterscheidet sich dabei je nach Einsatz des Wirbelkörperersatzes an der Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule oder Lendenwirbelsäule. Nachfolgend beschreiben wir Ihnen die unterschiedlichen Verläufe der Operation.
Verfahren an der Halswirbelsäule (HWS)
Über einen Hautschnitt am vorderen Hals und mit Hilfe eines Spezialmikroskops erreichen wir die betroffenen Wirbel der HWS. Die beschädigten beziehungsweise zerstörten Wirbel werden mit den dazugehörenden Bandscheiben entfernt. Falls Fragmente der befallenen Wirbel im Spinalkanal liegen, werden auch diese entfernt. Somit ist der Spinalkanal erweitert und das Rückenmark liegt frei. Zwischen dem darüber und dem darunter liegenden Wirbel wird der künstliche Wirbel eingebracht und leicht gespannt. Dadurch liegt der „neue“ Wirbel fest. Eine Platte aus Titan wird an der vorderen Fläche der darüber und darunter liegenden Wirbel eingebracht und mit passenden Schrauben fixiert. Eigenkörperknochen oder Knochenersatzmaterialien werden für mehr Stabilität benutzt. Ob eine Fixation der Wirbel von hinten (dorsal) erforderlich ist, beurteilt der Chirurg oder die Chirurgin. Die dorsale Stabilisierung erfolgt mit Schrauben und Stäben. Patient:innen können nach unseren Erfahrungen schon am nächsten Tag mobilisiert werden.
Künstlicher Wirbel der Brustwirbelsäule (BWS)
In der Bauchlagerung erfolgt zunächst von der Rückenseite die dorsale Stabilisierung beziehungsweise Fixierung der darüber und darunter liegenden ein bis zwei Wirbel mittels Schrauben und Stäben. Das kann perkutan erfolgen. Dann wird der Patient oder die Patientin bei dieser Operationstechnik seitlich gelagert. Über einen Schnitt seitlich der Wirbelsäule über den Rippenverlauf gelangen wir in den Thorax und an den seitlichen Aspekt der beschädigten Wirbel. Daraufhin erfolgt die Entfernung des betroffenen Wirbels oder mehrerer betroffener Wirbel mit den dazugehörenden Bandscheiben. Der Spinalkanal und das Rückenmark werden entlastet. Danach kommt es zur Implantation des Wirbelsäulenimplantats aus Titan zwischen den darüber und darunter liegenden gesunden Wirbeln. Durch eine seitliche Verplattung beziehungsweise durch zusätzliches Einbringen von eigenem oder künstlichem Knochenmaterial erreichen wir mehr Stabilität. Eine Thorax-Drainage dient als Druckausgleich im Brustkorb. Einige Tage nach der Operation an der Brustwirbelsäule wird diese Drainage entfernt.
Implantation eines Wirbels an der Lendenwirbelsäule (LWS)
Die Operation an der Lendenwirbelsäule erfolgt im Prinzip in zwei Schritten. Ziel ist es, die zerstörten Areale wieder so zu rekonstruieren, dass die Stabilität wieder hergestellt wird. Der erste Schritt erfolgt in Bauchlagerung: die dorsale Stabilisierung des darüber und darunter liegenden Wirbels mittels des Schrauben-Stab-Systems. Dann wird die betroffene Person für den zweiten Schritt gedreht und auf dem Rücken gelagert. Über einen medianen, also in der Mitte eines Körpers oder Organs gelegenen, Schnitt im Bauchbereich gelangen wir an die vordere Seite der Wirbelsäule. Dort entfernen wir den beschädigten Wirbel mit den dazugehörenden Bandscheiben und ersetzen ihn durch einen künstlichen Wirbel. Auch hier kommt eine Verplattung mit Einbringen von Knochenmaterial für mehr Stabilität infrage. Eine Drainage wird nach einigen Tagen entfernt und Patient:innen wieder mobilisiert.
Wirbelsäulenimplantat oder Bandscheibenprothese?
Das Einsetzen eines Wirbelsäulenimplantats anstelle eines Wirbelkörpers ist natürlich nicht zu verwechseln mit der Implantation einer Bandscheibenprothese, wie sie zum Beispiel an der Lendenwirbelsäule oder Halswirbelsäule erfolgen kann.
Wenn eine Bandscheibenprothese eingesetzt werden muss, dann ersetzt diese Prothese lediglich die Funktion einer Bandscheibe. Das Implantat stellt sicher, dass Ihnen wieder eine schmerzfreie Beweglichkeit ermöglicht wird.
Ein Wirbelkörperersatz geht jedoch weiter als der Einsatz einer künstlichen Bandscheibe: Bei diesem Verfahren wird der gesamte Wirbelkörper oder gleich mehrere Wirbel entfernt und durch eine Prothese ersetzt. Auch die entsprechenden Bandscheiben müssen dabei entfernt werden. Diese Operation ist somit eine tiefgreifendere Belastung für Ihren Körper als ein operativer Eingriff im Rahmen eines Bandscheibenersatzes.
Vorteile und mögliche Komplikationen
Nach dem operativen Eingriff bleibt die betroffene Person normalerweise zwölf bis 18 Tage bei uns. Hier beobachten wir, wie gut der Wirbelkörperersatz verheilt. Schon in der Avicenna Klinik beginnen erste Reha-Maßnahmen, die nach der Entlassung fortgesetzt werden. Die meisten Patient:innen können nach unseren langjährigen Erfahrungen bereits wenige Tage nach der Operation wieder laufen. Die ersten Schritte in der Klinik finden natürlich in Begleitung von Pflegepersonal oder einer erfahrenen Krankengymnastin statt.
Wichtig ist, dass Sie nach der Klinikentlassung nicht „irgendeinen“ Physiotherapeuten wählen, sondern jemanden, der mit den Besonderheiten der Wirbelsäule vertraut ist. Schließlich ist es unser Anliegen, dass Sie wieder Ihre komplette Bewegungsfreiheit erlangen und ohne Komplikationen durch das Leben gehen können!
Informationen zum Artikel
Der Artikel wurde zuletzt am 02.09.2024 geprüft und aktualisiert.
Über Dr. med Munther Sabarini
Dr. med. Munther Sabarini ist Direktor und Gründer der Avicenna Klinik. Als Facharzt auf dem Gebiet der Neurochirurgie hat er sich insbesondere auf die Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen spezialisiert und in mehr als 30 Jahren beruflicher Erfahrung über 30.000 Patient:innen behandelt.
Qualitätsrichtlinien für Inhalte der Avicenna Klinik
Alle Texte und Inhalte werden von medizinisch ausgebildeten, erfahrenen Experten auf diesem Fachgebiet verfasst. Erfahren Sie mehr über unsere Qualitätsrichtlinien für Inhalte.
Wirbelkörperersatz in der Avicenna Klinik in Berlin
Seit dem Jahr 2001 hat die Avicenna Klinik ihren Sitz in Berlin. Unser Ärzte-Team hat auf dem jeweiligen Fachgebiet – von Neurochirurgie über Wirbelsäulenchirurgie und Anästhesie bis hin zur Orthopädie– jeweils mindestens 25 Jahre internationale Erfahrung.
Falls Sie sich mit starken Rückenschmerzen und Problemen an der Wirbelsäule in unserer Klinik vorstellen möchten, nutzen Sie folgenden Kontakt und lassen Sie sich von uns über die Möglichkeiten des Wirbelkörperersatzes beraten:
Telefon: +49 30 236 08 30
Fax: +49 30 236 08 33 11
E-Mail: info@avicenna-klinik.de