Liquorverlustsyndrom - Wenn Nervenwasser durch ein Liquorleck austritt

Was ist ein Liquorverlustsyndrom?

Das Liquorverlustsyndrom bzw. der Austritt von Liquor macht sich weniger im Liegen bemerkbar, deutlich mehr in einer aufrechten Position. Die Folgen der Erkrankung sind gewaltig: Es reicht vom leicht auszuhaltenden Kopfschmerz bis zu unerträglichen Kopfschmerzen. Viele Betroffene sind dann tatsächlich in vielen Fällen unfähig, das Bett zu verlassen oder den Kopf zu bewegen. Möglich sind auch Erbrechen, Übelkeit, Reizzustände, Sehstörungen und andere. Aber was ist das Liquorverlustsyndrom genau?

Wir wissen: Etwa 150 Milliliter Nervenwasser (Liquor genannt) umspülen unser Gehirn und unser Rückenmark. Das Nervenwasser befindet sich zwischen den Hirnhäuten bzw. den Rückenmarkshäuten. Hirnhäute und Rückenmarkshäute (Dura) verpacken dieses geschlossene System regelrecht wasserdicht. Wenn die Häute nicht dicht sind, kann Nervenwasser austreten. Schon ein winziger Riss führt zum plötzlichen und schnellen Austritt des Nervenwassers aus diesem geschlossenen Raum und damit zu teilweise dramatischen Konsequenzen.

Das Liquorverlustsyndrom hat mehrere Namen und Synonyme: Liquorleck, Liquorunterdrucksyndrom, Hypoliquorrhoe, spontane spinale Liquorfistel, intrakranielles Unterdrucksyndrom, orthostatisches Kopfschmerzsyndrom, spinaler Kopfschmerz und andere.

Vom Liquorverlustsyndrom sind häufiger Frauen als Männer betroffen

Das Liquorverlustsyndrom ist ganz sicher keine Volkskrankheit, aber auch alles andere als eine exotische Seltenheit. Jährlich sind etwa zwischen 5000 und 6000 Menschen davon betroffen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer: Auf einen Fall bei einem männlichen Patienten kommen zwei Frauen, die an einem Liquorleck und austretendem Hirnwasser leiden. Durchschnittlich sind die Patienten beim Auftreten der Krankheit um die 40 Jahre alt.

Die Ursache für ein Liquorverlustsyndrom liegt im Rücken

Ursache für den Verlust des Nervenwassers und den Unterdruck, der dadurch entsteht, kann eine spitze Kante (Knochensporn) an der Wirbelsäule sein. Sie bohrt quasi ein Loch in die Rückenmarkshaut, die das Hirnwasser eigentlich schützt. Verantwortlich für einen Knochensporn kann beispielsweise Verschleiß sein, wenn Gelenke oder Wirbel aufeinanderreiben. Dieses Leck des Liquorraums befindet sich überwiegend in der Brustwirbelsäule oder der unteren Halswirbelsäule und führt letztlich zum Liquorunterdrucksyndrom.

Manchmal kann es nach einem (Bagatell)-Trauma zu einem kleinen Einriss der spinalen Dura und so zu einem Liquorverlustsyndrom kommen. Die Ursache liegt also im Rücken, aber Beschwerden und Symptome sind im Kopf.

Eine andere Ursache eines Liquorunterdrucksyndroms ist ein Leck nach diagnostischer Liquorpunktion. Es entwickelt sich bei 65 Prozent der Patienten innerhalb von 24 Stunden. Vielmals können die Beschwerden der Erkrankung sogar innerhalb von 20 Sekunden auftreten. Das Syndrom kann nach einer spinalen Anästhesie und bei oder nach Eingriffen an der Wirbelsäule entstehen.

Das sind die Symptome eines Liquorlecks

Das Kardinalsymptom ist der sogenannte orthostatische Kopfschmerz. Er wird ausgelöst oder verschlimmert durch Lagewechsel in die aufrechte Position. Das Gehirn wird nach unten verlagert, es entsteht ein Zug auf schmerzempfindliche Strukturen.

Unabhängig davon kann es zu weiteren Symptomen von Liquorunterdruck kommen, die sich nur im Liegen bessern:

  • Übelkeit, Erbrechen
  • Nackensteife
  • Bewusstseinsstörungen, Konzentrationsstörungen und erhöhter Puls
  • bedrohliche Blutungen,
  • Beeinträchtigung des Hörens / Hörvermögens: Tinnitus, Hörstörungen, Hörverlust, Lärmempfindlichkeit
  • Beeinträchtigung des Sehens: Lichtempfindlichkeit, Doppelbilder, Seh- und Gesichtsfeldstörungen
  • Gleichgewichtsstörungen: Schwindelanfälle, Gangunsicherheit

Gelegentlich gehen Schmerzen zwischen den Schulterblättern oder im Nacken dem eigentlichen Kopfschmerz um Tage bis Wochen voraus.

Diagnose Liquorverlustsyndrom

Kommt es aufgrund einer diagnostischen Punktion des Liquorraums (Liquorpunktion), nach spinaler Anästhesie oder nach einem Eingriff an der Wirbelsäule zu einem Liquorverlustsyndrom, ist die Diagnostik relativ einfach. Mit hoher Sicherheit kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Verlust des Hirnwassers bzw. Nervenwassers um eine direkte Folge des Eingriff handelt.

Anders sieht es aus, wenn der Patient mit Schmerzen in der Klinik erscheint ohne erkennbare Interventionen. Wenn etwas auf einen Liquorverlust deutet, wird für die Untersuchung ein MRT (Magnetresonanztomografie) von Kopf bis zum Kreuzbein angeordnet. Mithilfe dieses bildgebenden Verfahrens kann erkannt werden, welche Ursache dahinter steckt. So kann festgestellt werden, ob es sich tatsächlich um die Diagnose Liquorverlustsyndrom handelt.

Therapie und Heilung eines Liquorlecks

Um zu einer Heilung eines Liquorlecks zu gelangen, stehen den Patienten vier Stufen der Therapie zur Verfügung:

  • Stufe 1: Bettruhe, mindestens drei Tage.
  • Stufe 2: Blutpatch: Der Arzt entnimmt aus Ihrer Vene Blut, spritzt es sodann in den sogenannten Epiduralraum. Normalerweise hilft diese Methode, dem Patienten die Schmerzen dauerhaft zu nehmen. Diese Applikation eines Blutpatches kann, falls notwendig, mehrfach wiederholt werden.
  • Stufe 3: Im Prinzip der gleiche Eingriff wie bei einem Blutpatch - mit einem Unterschied: Das Eigenblut wird unter Röntgen und Kontrolle mittels CT genau dort eingespritzt, wo sich die Dura Fistel befindet. Der Eingriff mit einer speziellen Nadel soll zu einer Vernarbung und somit zu einem Verschluss des Liquor-Lecks führen.
  • Stufe 4: Die Operation: Im Rahmen eines mikrochirurgischen Eingriffes wird die Liquorfistel operativ verschlossen. Zur Operation kommt es nur dann, wenn sich das Liquor-Leck trotz Bettruhe und Blutpatch nicht verschlossen hat - also bei größeren Fisteln und ausgeprägter Symptomatik.

Wichtig: Vor dem Eingriff sollten Sie mit dem Arzt reden, damit er Sie über mögliche Risiken (z. B. Nachblutung, Nervenverletzung, Infektion) informiert.

Positive Prognose nach dem Verlust des Nervenwassers

Die akute Phase rund um ein Liquorverlustsyndrom ist oft schmerzhaft bis sehr schmerzhaft. Nach erfolgter und erfolgreicher Therapie, führen Sie jedoch wieder ein Leben wie zuvor auch! Wenn die Durafistel (Duraleck) erst einmal geschlossen ist und das Gehirn und Rückenmark wieder gut eingebettet und geschützt in etwa 150 Milliliter Liquor schwimmen, steht einer positiven Prognose nichts im Wege.

Dr. med. Munther Sabarini

Autor
Dr. med. Munther Sabarini
Facharzt für Neurochirurgie

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Der Artikel wurde zuletzt am 11.07.2022 geprüft und aktualisiert.

Über den Autor

Dr. med. Munther Sabarini ist Direktor und Gründer der Avicenna Klinik. Der Facharzt der Neurochirurgie hat sich insbesondere auf die Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen spezialisiert. Dr. Munther Sabarini hat mehr als 30 Jahre Berufserfahrung. In dieser Zeit behandelte er über 30.000 Patienten.

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