Bandscheibenabnutzung (Bandscheibendegeneration) - Symptome, Therapie, OP

Was ist eine Bandscheibenabnutzung?

Es ist ein Segen, dass es Bandscheiben gibt. Sie sind der Stoßdämpfer, der Puffer zwischen den Wirbeln. Damit geben sie der Wirbelsäule Stabilität und ermöglichen gleichzeitig Mobilität, also Bewegung. Die Bandscheiben bestehen aus einem äußeren relativ festen Faserring und einem inneren gelartigen Gallertkern. Die Bandscheibenzellen des Gallertkerns erzeugen Strukturen (Glukosaminoglykane) in ihrer Umgebung (Matrix), die das Wasser speichern. Im Laufe des Lebens wirken viele Belastungen auf die Wirbelsäule ein. Durch natürlichen Verschleiß verlieren die Bandscheiben mit der Zeit ihre Pufferfunktion. Wichtige Flüssigkeit, die das feine stützende Knorpelgewebe benötigt, kann nicht mehr gespeichert werden. Es entstehen biochemische Veränderungen in der Bandscheibe, so dass sie ihre Elastizität verlieren und somit auch ihre Stoßdämpfer-Funktion. Es kommt zur Zellzahlminderung aber auch zu Gewebequalitätsveränderungen. Risse in der Bandscheibe sind die natürliche Folge.

Mit zunehmendem Alter ist es normal, dass stark beanspruchte Bandscheiben verschleißen. In diesem Fall spricht man von Bandscheibenverschleiß. Falls das aber über das natürliche Maß hinaus geschieht, wird hingegen von einer krankhaften Bandscheibenabnutzung (Degeneration) gesprochen. Im Gegensatz zu einer gesunden Bandscheibe ohne eigene Gefäße und ohne Nervenendungen finden sich in einer degenerierten Bandscheibe doch pathologische Gefäße und Nervenendungen mit Schmerzrezeptoren. Diese Veränderungen der Degeneration sind dann die Basis für weitere Erkrankungen dar wie: Bandscheibenvorwölbungen oder Bandscheibenvorfälle, Verschleiß von Wirbelgelenken (Facettensyndrom), Spinalkanalstenose, Wirbelgleiten (Listhese) oder Instabilität der Wirbelsäule.

Ab welchem Alter beginnt die Degeneration?

Der Verschleißprozess beginnt deutlich früher als es sich viele Patienten vorstellen können. Bandscheibenverschleiß setzt bereits mit rund 20 Jahren ein. Ab dem 60. Lebensjahr sind Veränderungen bei mehr als 90 Prozent der Bevölkerung nachweisbar. Die Abnutzung der Bandscheiben ist also keine Rückenerkrankung, die ausschließlich ältere Männer und Frauen trifft. Auch in jüngeren Jahren kann die Degeneration der Bandscheiben bereits zu einem Problem werden. Bandscheibendegeneration lässt sich also nicht nur auf eine bestimmte Altersgruppe beschränken.

Osteochondrose oder Chondrose?

Im Zusammenhang mit der Degeneration der Bandscheibe werden oft zwei Begriffe genannt, die erklärungsbedürftig sind: Osteochondrose und Chondrose.

Chondor bedeutete Knorpel, Osteo ist der Knochen. Das bedeutet in der Folge: Bei einer Osteochondrose ist nicht nur der Knorpel degeneriert, sondern auch der Knochen. Wir beobachten in unserer Klinik, dass eine Osteochondrose überwiegend in der Lendenwirbelsäule (LWS) vorkommt, aber sie ist auch in der Halswirbelsäule keine Seltenheit. An der Brustwirbelsäule (BWS) beobachten wir eine Osteochondrose nur ganz selten.

Ursachen für eine Bandscheibenabnutzung

Die Bandscheiben verlieren die Fähigkeit, Flüssigkeit im Gewebe zu halten und büßen dadurch ihre Elastizität ein. Sie trocknen quasi aus und können zusammensacken. Dadurch können sie die Reibung zwischen den Wirbeln nicht mehr dämpfen. Rückenschmerzen und Beschwerden an der Wirbelsäule sind die Folge.

Ursachen für die Bandscheibenabnutzung können genetisch bedingte Faktoren, Überbelastung der Bandscheiben, beispielsweise durch Übergewicht, Bewegungsmangel, einseitige Bewegung wie etwa langes Sitzen, falsche Ernährung oder ständiges starkes Heben bzw. Tragen sein. Gefährdete Berufe finden sich deshalb im Bau- und Transportgewerbe und in der Krankenpflege. Hier wird der Rücken in der täglichen Arbeit nicht geschont.

Nicht selten können schon vorhandene Beeinträchtigungen von bestimmten Wirbelsäulensegmenten (Bandscheibenvorfälle, Versteifung usw.) weitere zunächst gesunde Segmente der Wirbelsäule in Mitleidenschaft ziehen. Das beschleunigt die weitere Degeneration der Bandscheiben. Das Rauchen gilt ebenfalls als Ursache für frühere Bandscheibenabnutzung.

Symptome der Degeneration und Bandscheibenabnutzung

Die degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule sind ein schleichender Prozess. Ein Prozess, der nicht zu übersehen ist, weil er Schmerzen verursacht. Eine fortschreitende Abnutzung der Bandscheiben macht sich häufig durch die Symptome Rückenschmerzen und Nackenschmerzen bemerkbar. Besonders schmerzhaft sind das Heben von schweren Lasten und lange Tätigkeiten im Sitzen. Die Stärke der Schmerzen erhöht sich mit dem Fortschreiten des Verschleißes.

Die daraus resultierende Instabilität der Wirbelsäule führt zu einem Gefühl, als würde man „in der Mitte durchbrechen“. Die angrenzenden Wirbel, Wirbelkörper und kleinen Gelenke der Halswirbelsäule, Lendenwirbelsäule oder Brustwirbelsäule werden stark überbelastet. Jede Bewegung kann zur Qual werden. Durch den Verlust der Bandscheibenhöhe kommt es zu Einengungen des Nervenaustrittskanals, die auch zu Schmerzausstrahlungen in Bein oder Arm, Kribbeln und Taubheitsgefühl führen können. Das Drehen im Schlaf kann problematisch werden.

Aber häufig sind nicht nur Schmerzen als Symptome typisch. Begleitet werden Schmerzen meist von psychischen und psychosomatischen Beschwerden. Viele Betroffene leiden unter Stimmungsschwankungen, depressiven Verstimmungen und einem allgemeinen Unwohlsein.

Die Diagnostik bei Symptomen der Bandscheibenabnutzung

Die Diagnose bei einem Verdacht der Bandscheibendegeneration beginnt mit einem Gespräch, der sogenannten Anamnese, zwischen dem Arzt und dem Patienten. In so einem Gespräch werden Fakten gesammelt, wie beispielsweise:

  • Wann begann der Schmerz?
  • Wo begann er?
  • Gibt es psychische Probleme?

Nach dem Gespräch und der Erhebung der Krankengeschichte, steht dem Arzt ein umfangreiches Diagnoseverfahren zur Verfügung. Es kann mit einer präzisen neurologischen Untersuchung beginnen. Als nächstes wird durch bildgebende Untersuchungen der Status der Bandscheiben erkannt. Hierbei greifen Kliniken beim Verdacht der Bandscheibenabnutzung vornehmlich auf die Diagnosemittel der Röntgenuntersuchung, der Computertomographie (CT) und vor allem einer Magnetresonanztomographie (MRT) zurück. Die MRT zeigt vor allem Lokalisation und Intensität der Bandscheibenabnutzung. Außerdem werden hier die Neuralstrukturen und die benachbarten Segmente genau dargestellt.

Behandlung mit der minimal-invasiven Bandscheiben-Zell-Transplantation

Als erster Schritt bei der Behandlung der Schmerzen durch den Bandscheibenverschleiß gilt die konservative Therapie. Sie beinhaltet unter anderem die Verschreibung von Schmerzmitteln, Muskelentspannung, manuelle Therapie, Krankengymnastik, Akupunktur, psychosoziale Intervention. Durch aktive Übungen und Rückenschwimmen wird die Rückenmuskulatur gekräftigt, was den Druck auf die Bandscheibe senkt und reduziert.

Zur Behandlung der Bandscheibenabnutzung wird in der Avicenna Klinik die minimal-invasive Bandscheiben-Zell-Transplantation angewandt, bei der die abgenutzte Bandscheibe mit biologisch vermehrten körpereigenen Zellen versorgt wird. Die implantierten Zellen speichern mehr Flüssigkeit, was mehr Elastizität bringt. Bei der Orthokin-Therapie werden körpereigene Substanzen in höherer Konzentration in die betroffene Bandscheibe injektiert und somit wirken sie gegen die entzündliche Veränderungen.

Liegt eine Enge der Nervenaustrittsstelle im Spinalkanal vor (Neuroforamina-Stenose), könnten bei der Mikrochirurgie diese Austrittsstellen erweitert bzw. die Nervenwurzel entlastet werden. Liegt eine Instabilität vor, dann kommen u. a. weitere Behandlungen wie Stabilisierung, Bandscheibenersatz in Frage.

Neurochirurg Dr. Sabarini: „Der Bandscheibenersatz hat mittlerweile den gleichen Stellenwert wie beispielsweise der Hüftgelenkersatz, der in der Chirurgie heutzutage als Standardverfahren zum Alltag gehört. Wir in unserer internationalen Wirbelsäulenklinik behandeln Patienten nicht nur aus Deutschland mit Bandscheibenersatz, sondern wir versorgen auch Menschen aus dem Ausland, beispielsweise aus der arabischen Welt, mit Bandscheiben-Prothesen.“

Wir empfehlen immer die Therapie mit den höchsten Erfolgschancen

Beschwerden können durch eine oder mehrere Ursachen entstehen. Bei der Therapieauswahl für eine Bandscheibendegeneration werden deshalb viele Faktoren in Betracht gezogen, u. a.: Beschwerden, Häufigkeit, Erfolg der bisherigen Therapien, das Vorliegen von Ausfällen, die Ergebnisse der neurologischen und körperlichen Untersuchungen, die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen (MRT–Kernspintomographie), Schwere und Lage der festgestellten Veränderungen (Bandscheibenvorfall, mehrere Brüche, Rückenmarksbeteiligung), Alter des Patienten, Begleiterkrankungen, Beruf, psychosoziale Umstände und vieles mehr. Dabei wird die Therapie empfohlen, die individuell für Sie geeignet ist, mit den höchsten Erfolgschancen und den niedrigsten Risiken. Vor allem aber muss die Ursache der Bandscheibendegeneration und nicht nur die Symptome wie etwa die Rückenschmerzen behandelt werden.

Wie lange werden die Patienten bei einer Bandscheibenabnutzung krank geschrieben?

Natürlich steht bei einer Behandlung einer Bandscheibenabnutzung immer die Frage im Raum, wie lange die Patienten krank geschrieben werden. Einerseits möchten sie die Probleme in Ruhe auskurieren, andererseits haben sie Sorge, dass bei zu langer Krankschreibung ihr Arbeitsplatz gefährdet ist.

Die Antwort lautet: Die Länge der Krankschreibung ist abhängig vom Krankheitsverlauf. Wenn sich der Bandscheibenverschleiß schnell behandeln lassen konnte, sind die Menschen entsprechend schnell wieder fit und am Arbeitsplatz. Es kann aber auch sein, dass manch andere Patienten mehrere Wochen im Beruf ausfallen, weil sie schlichtweg arbeitsunfähig, nicht ausreichend belastbar, sind.

Prognose zur Bandscheiben-Degeneration

Ein Verschleiß der Bandscheibe ist nicht rückgängig zu machen. Wie andere Körperteile zeigen eben auch Bandscheiben im Laufe eines Lebens Abnutzungserscheinungen. Je nach Belastung äußern sie sich früh oder spät, sind Beschwerden mild oder stark.

Aber es gibt ausreichend Möglichkeiten, den Fortgang der Degeneration zu reduzieren und die Schmerzen zu beheben. Erfreulicherweise kann der Patient viel selbst tun, um den Fortschritt der Erkrankung lange hinauszögern. Zu den Eigen-Therapien gehören gesunde Ernährung und falls notwendig eine Gewichtsabnahme. Gezielte Trainings und Übungen helfen ebenfalls, den Körper richtig statt übermäßig zu belasten.

Immer gilt: Der Druck auf die Bandscheiben muss reduziert werden! Nicht schwer heben, nicht schwer tragen, über eine rückengerechte Matratze nachdenken und sie idealerweise anschaffen. Eine Rückenschule, Physiotherapie bzw. eine Krankengymnastik sind hilfreiche Faktoren in der Nachsorge. Empfehlenswert ist Sport, um die Rückenmuskulatur zu stärken. Eine starke Rückenmuskulatur stützt die Wirbelsäule und deren Bandscheiben. Besonders geeignet ist Schwimmen, da es den Rücken ideal trainiert und Schmerzen im Wasser gelindert werden. Außerdem lastet das Körpergewicht beim Schwimmen nicht auf den Bandscheiben. Joggen sollte tabu sein, weil dabei der Belastungsdruck auf die Bandscheiben verstärkt wird. Ideal ist dagegen Radfahren.

Verzichten Sie möglichst auf das langfristige Tragen von Stützkorsetts. Wenn überhaupt, sollten Korsetts nur kurzfristig eingesetzt werden, weil durch das Tragen die Muskulatur geschwächt wird. Falls es doch einmal wieder zu Rückenschmerzen kommt, nehmen Sie eine Schmerztablette. Das Aushalten von Schmerzen klingt zwar ehrenhaft, aber dadurch entstehen Schonhaltungen, die der Rehabilitation nicht förderlich sind.

Dr. med. Munther Sabarini

Autor
Dr. med. Munther Sabarini
Facharzt für Neurochirurgie

Informationen zum Artikel

Der Artikel wurde zuletzt am 13.05.2022 geprüft und aktualisiert.

Über den Autor

Dr. med. Munther Sabarini ist Direktor und Gründer der Avicenna Klinik. Der Facharzt der Neurochirurgie hat sich insbesondere auf die Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen spezialisiert. Dr. Munther Sabarini hat mehr als 30 Jahre Berufserfahrung. In dieser Zeit behandelte er über 30.000 Patienten.

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